Geh- und Fahrtrecht: Im Zweifel zählt der Einzelfall

Recht– Es kommt gar nicht mal so selten vor, dass ein Grundstück keine direkte Verbindung zu einer öffentlichen Straße hat. Nicht erst, seit Städte nachverdichtet und aus vielen Gärten Baugrundstücke werden, entstehen so genannte „Hinterliegergrundstücke“. In den Neunzigern und Zweitausendern sind ganze Wohngebiete auf Basis einer gemeinsamen Zufahrt von zwei Nachbarn entstanden – und wo Menschen im Spiel sind, gibt es nicht nur Frieden. In der großen Mehrheit wird es kein Problem sein, dass der rückwärtige Nachbar von seinem üblicherweise im Grundbuch eingetragenen Geh- und Fahrrecht Gebrauch macht. Hin und wieder allerdings beschäftigt diese Praxis die Gerichte. In einem aktuellen Fall hatte das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken zu entscheiden.

Dabei ging es um ein rückversetzt liegendes Grundstück. Auf ihm befinden sich unter anderem fünf Garagen. Die Zufahrt dorthin führt ausschließlich über den Hof des der Straße zugewandten Grundstücks. Um das Zufahrtsrecht des jeweiligen Eigentümers des abzusichern, ist im Grundbuch ein so genanntes Geh- und Fahrrecht eingetragen, das über das Hofgelände zwischen den Gebäuden führt. Es ist an sich groß genug, um bequem in alle Garagen hinein- und herauszufahren. Dies sollte sich aber ändern, als der Eigentümer für seine Mieter im Hof zwei Stellplätze entlang der Hauswand einrichtete. Waren die Stellplätze belegt, konnte der Eigentümer des rückwärtigen Grundstücks beziehungsweise die Garagennutzer nicht mehr wie gewohnt rangieren, sondern mussten rückwärts ein- oder ausfahren. Der Eigentümer forderte seinen Nachbarn also auf, die Stellplätze wieder zu entfernen, damit er von seinem Geh- und Fahrrecht uneingeschränkt Gebrauch machen kann.

Er scheiterte. Nach Ansicht der Richter muss er es hinnehmen, dass der Nachbar sein Eigentumsrecht ausübt und einen Teil des Hofs als Autostellfläche nutzt. Das gilt wohlgemerkt so lange, wie das Zufahrtsrecht nicht mehr als notwendig beeinträchtigt wird. Ob das so ist, muss man immer an den Gegebenheiten vor Ort sehen. Für den konkreten Fall hieße das, dass die zwischen den Grundstücken liegende Hofdurchfahrt breit genug sein muss, um „mit einem üblichen Kraftfahrzeug in einer üblichen Bogenfahrt auch die hinterste der Garagen erreichen zu können“, so das Gericht. Das OLG kam zu dem Beschluss, dass dies gegeben war.

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