Lokales – Alles unterliegt der Mode, auch der Urlaub. Das All-Inclusive-Publikum ist vom Hotelkomplex aufs Kreuzfahrtschiff umgestiegen. Hotels sprechen enge Zielgruppen an und konzentrieren sich beispielsweise exklusiv auf Wellness-Willige, Luxus-Reisende, Sportler oder Familien. Auf Campingplätzen tummeln sich längst keine Individualisten mehr, sondern das Hotelpublikum von einst: „Spontane“ Wohnmobil-Trips müssen weit im Vorfeld organisiert und gebucht werden, um überhaupt eine Parzelle am Wunsch-Campingplatz zu bekommen. Und das smartphone-affine Publikum geht sowieso längst neue Wege und kommt auf Reisen privat unter.
Plattformen, über die Privatpersonen ihre Wohnungen oder einzelne Zimmer tageweise an Geschäftsreisende oder Touristen vermieten, gibt es längst so einige. Der Vorreiter ist das amerikanische Unternehmen „airbnb“, das eine Verkürzung von „Airbedandbreakfast“ (englisch: Luftmatratze und Frühstück) im Namen trägt, und Synonym für eine eine Art zu verreisen geworden ist.
Vor der Pandemie vermittelten die Plattformen so erfolgreich Unterkunftssuchende und Anbieter, dass sich einige Städte gezwungen sahen, mit Regelungen gegen das Verschwinden von Wohnraum vorzugehen. Zu viele Immobilienbesitzer hörten damit auf, ihre Wohnungen und Häuser regulär zu vermieten und nahmen lieber tage- oder wochenweise Touristen auf. Dieser vergleichsweise lukrativeren Variante von Immobilienvermarktung schoben viele Städte, in denen Wohnraum knapp ist, einen Riegel vor. Auch die Stadt München erließ eine Satzung, die die Zweckentfremdung von Wohnraum regelt. Auf der Homepage der Stadt wird knapp erklärt: „Wohnraum wird immer dann zweckentfremdet, wenn dieser zu anderen als seiner eigentlichen Bestimmung (Wohnzwecke) verwendet wird.“ Neben der Nutzung als Ferienwohnung schließt die Stadt auch die gewerbliche Nutzung sowie Abbruch oder Leerstand, der länger als drei Monate anhält, ein.
Diese Regelung drohte nun, einer Stewardess zum Verhängnis zu werden. Sie wurde anonym angezeigt, weil sie ihre Zwei-Zimmer-Maisonette-Wohnung in München während längerer beruflicher Reisen zeitweise über „airbnb“ vermietete. Die Stadt leitete Ermittlungen im Hinblick auf die Zweckentfremdung von Wohnraum ein und forderte, die Fremdenbeherbergung unverzüglich zu beenden. Der Fall landete vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Die Entscheidung der Richter dürfte für viele interessant sein, die sich ebenfalls bei einer Wohnungvermittlungsplattform als Gastgeber eingetragen haben: In diesem Fall liege eine genehmigungsfähige Zweckentfremdung vor, so die Entscheidung der Vorsitzenden.
In dem geschilderten Fall überwögen schutzwürdige private Interessen das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums. Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung von Wohnraum könne trotz Wohnungsnot dann nicht bestehen, wenn der fragliche Wohnraum dem Eigentümer außerhalb von Abwesenheitszeiten selbst als Wohnung dient. Somit werde er zumindest zeitweise als „Heimstatt im Alltag“ genutzt, so die Richter. In derartigen Fällen sei der materielle Regelungszweck des Zweckentfremdungsrechts von vornherein nicht berührt, weil es an einer dauerhaften Umwandlung von eigengenutztem Wohn- oder Mietwohnraum in eine gewerbliche Fremdenbeherbergung fehle.
Mehr Information zum Thema „Zweckentfremdung von Wohnraum“ in München:
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